Wohnung weg trotz 60h-Woche

Ein Security-Mitarbeiter am Flughafen auf der Rolltreppe. Symbolbild für Lohnverhandlungen Sicherheitspersonal.

Es gibt Menschen, die arbeiten 60 Stunden in der Woche und müssen trotzdem fürchten, ihre Wohnung zu verlieren. Ein Blick in die Branche des Sicherheitspersonals.

  • Vollzeitjob für 1.300 Euro netto.
  • Sicherheitspersonal in der Armutsfalle.
  • Zusammenfassung einer Geschichte für Arbeit&Wirtschaft.

Eine Umfrage machte das Problem deutlich. Gefragt, was die Beschäftigten denn mit ihrem Weihnachts- und Urlaubsgeld machen würden, antwortete das Sicherheitspersonal, sie würden das Minus auf dem Konto ausgleichen. Von einem exotischen Urlaub oder einem generösen Weihnachtsgeschenk waren sie weit entfernt. Diese Umfrage stammt aus dem Jahr 2018. Die Corona-, vor allem aber die Teuerungskrise, spielen da noch gar nicht mit rein.

Inflation: Sicherheitspersonal in der Armutsfalle.

Die Probleme in der Sicherheitsbranche sind vielfältig. Zum einen ist es kein Ausbildungsberuf. Jeder, der einen Sicherheitscheck besteht, kann als Wachmann arbeiten. Braucht es dringend Personal, ist oft noch nicht einmal das nötig. Zum anderen gibt es kaum Möglichkeiten, einen höheren Stundenlohn zu bekommen. Wer zwanzig Jahre in einer Firma ist, verdient laut Kollektivvertrag genauso viel wie jemand, der gerade erst mit dem Job anfängt. Etwa 1.300 Euro netto.

Doch im September 2022 war die Inflation in Österreich erstmals zweistellig. Die Menschen müssen einen historisch großen Reallohnverlust von 4,2 Prozent hinnehmen. Und das bei Menschen, deren Konto schon vorher chronisch im roten Bereich war. „Alles ist teurer geworden, aber ein Leben mit durchschnittlich 1.300 Euro netto ging sich schon vor der Teuerung nicht aus“, erklärt mir Gernot Kopp. Er ist stellvertretender Betriebsrats-Vorsitzender bei der Securitas SDL GmbH.

Viele Beschäftigte der Sicherheitsbranche arbeiten deswegen länger. Auch mal 60 Stunden in der Woche. „Wir haben häufig den Fall, dass Arbeitnehmer:innen bei dem Betriebsrat anrufen und sagen, dass sie Unterstützung bei der Miete oder sonst für die Alltagskosten brauchen. Die haben teilweise schon Delogierungsandrohungen in der Hand“, führt Kopp weiter aus.

Herbstlohnrunde: Gewerkschaft kämpft um Würde

In der aktuellen Herbstlohnrunde wollen die Gewerkschaften diesen Missstand beenden. Die Forderung ist klar. 2.000 Euro Mindestlohn brutto. Durchlaufen die Personen eine fundierte Ausbildung, muss der Lohn mindestens 2.500 Euro betragen. Spezielles Sicherheitspersonal – beispielsweise am Flughafen oder bei der Feuerwehr – soll mindestens 3.00 Euro brutto erhalten. Mehr Informationen gibt es in „Sicherheitspersonal in Armutsfalle: Delogiert trotz 60-Stunden-Woche“ bei Arbeit&Wirtschaft.

Die Herbstlohnrunde kommt in Österreich zum besten Zeitpunkt. Der Wohlstand schrumpft. Gleichzeitig lässt der Staat rund 15 Milliarden an Steuern liegen, weil er es nicht schafft, bestehende Gesetze durchzusetzen. Dabei bräuchte es das Geld dringend. Beispielsweise, um es in die kritische Infrastruktur des Sozialstaates zu investieren.

4 Antworten zu „Wohnung weg trotz 60h-Woche”.

  1. […] Letztlich sind das nicht die ersten Probleme dieser Art. Der Ton wird eben rauer. So ist der Wohlstand in Österreich in den letzten zwölf Monaten stark zurückgegangen. Gleichzeit sinkt die Steuermoral. Auch und gerade bei Konzernen und Überreichen. Währenddessen können sich die Angestellten in der Sicherheitsbranche trotz 60-Stunden-Woche ihre Wohnung nicht mehr leisten. […]

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  2. […] der Wohlstand der Gesellschaft sinkt, verzichtet der Staat auf 15 Milliarden Euro Steuereinnahmen. Gleichzeitig wissen viele Menschen trotz 60-Stunden-Woche nicht, wie sie ihre Wohnung bezahlen könn…. Der Sozialstaat – als Vermögen der Vielen – ist außerdem von privaten Investoren […]

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  3. […] branchenübergreifend eher schleppend laufen. Bei den Metallern dauert es lange und auch beim Sicherheitspersonal ist noch keine Lösung in Sicht. Doch Besserungen sind dringend notwendig. Denn der Wohlstand in […]

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  4. […] zu Streitigkeiten zwischen der Gewerkschaft für das Sicherheitspersonal und deren Arbeitgebern. Hier mussten Angestellte trotz 60-Stunde-Woche ihr Weihnachtsgeld verwenden, um Schulden […]

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