Bedingungsloses Grundeinkommen

Welche Probleme löst ein Bedingungsloses Grundeinkommen und welche könnte es schaffen. Die große Vision vom Sozialstaat steht in dieser kritischen Auseinandersetzung auf dem Prüfstand.

  • Das Bedingungslose Grundeinkommen soll Menschen aus der Armut holen.
  • Geld ohne Gegenleistung für ein Leben in Würde?
  • Eine kritische Auseinandersetzung für Arbeit und Wirtschaft.

Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist die große Vision für den Sozialstaat. Es zeigt auf, wo aktuell die Schwächen im System liegen und wohin es im Namen der Gerechtigkeit gehen sollte. Doch die Umsetzung bedeutet auch, hart erkämpfte Rechte gegen etwas Neues zu tauschen. Für Arbeit und Wirtschaft habe ich mich kritisch mit den Lösungen und Problemen auseinandergesetzt, die das BGE mit sich bringt. Dafür standen mir Barbara Prainsack, Politikwissenschaftlerin und Autorin des Buches „Vom Wert des Menschen“, und Norman Wagner, Referent für Sozialstaatsfragen in der Abteilung Sozialpolitik bei der Arbeiterkammer Wien, als Gesprächspartner zur Verfügung.

Was ist das Bedingungslose Grundeinkommen?

Beim Bedingungslosen Grundeinkommen sollen alle Menschen in einem Land (die schon eine bestimmte Zeit in einem Land leben) so viel Geld erhalten, dass ein Leben ohne Armut und in Würde möglich ist. Ohne Gegenleistung und ohne Auflagen. Also auch ohne die Gefahr, diese Geldleistung wieder zu verlieren.

Gegen das Bedingungslose Grundeinkommen gibt es einige Vorbehalte. Die häufigsten Kritikpunkte sind, dass sich ein Staat diese Ausgaben nicht leisten kann. Ein weiterer ist, dass Menschen, die nicht mehr arbeiten gehen müssen, auch nicht mehr arbeiten gehen. Andere halten es für ungerecht, dass reiche Menschen die gleichen Geldleistungen wie arme bekommen. Dazu kommt der Vorwurf, dass ein Bedingungsloses Grundeinkommen patriarchale Strukturen verfestigen könnte.

Geld ohne Gegenleistung

Prainsack fasst das Gedankengefängnis zusammen, in dem viele Menschen stecken, wenn es um das Bedingungsloses Grundeinkommen geht, folgendermaßen zusammen: „Wir geben heute schon Menschen bedingungslos Leistungen. Das Bedingungslose Grundeinkommen würde nur das Tabu brechen, dass man Menschen bedingungslos Geld gibt.“

Basis für das Bedingungsloses Grundeinkommen soll der Sozialstaat sein. Also das Krankensystem, die Sicherheit, die Bildung, die Rente, die Pflege und all die anderen Errungenschaften. Prainsack nennt es das Brot, das den Menschen zur Verfügung steht. Das Bedingungsloses Grundeinkommen soll die Butter sein, die obendrauf kommt.

Können wir uns das Bedingungslose Grundeinkommen leisten?

Wagner möchte auf die Kosten dafür gar nicht eingehen. Er weist eher auf die Errungenschaften des Sozialstaates hin: „Ich will gar nicht sagen, dass wir uns das nicht leisten können, sondern die Frage stellen, ob es nicht zielführender wäre, mit dem Geld die Schwächen des Sozialstaates anzugehen: wie Verbesserungen in der Langzeitpflege, den Ausbau der Kinderbetreuung oder bessere Leistungen in der Krankenversicherung. Das sind zielgerichtete Dinge, die sinnvoller sind, als jedem einfach nur Geld in die Hand zu drücken.“

Hier werden sich Wagner und Prainsack nicht einig. Wagner glaubt nicht, dass das Bedingungslose Grundeinkommen den Sozialstaat gerechter machen würde, Prainsack geht aber genau davon aus. Die Argumentation lässt sich in meinem Beitrag „Bedingungsloses Grundeinkommen: Von Revo- und Evolutionen“ nachlesen.

Wie bekomme ich das Bedingungslose Grundeinkommen?

Das Bedingungslose Grundeinkommen soll jeder bekommen, der eine gewisse Zeit in einem Land lebt. Von der Geburt bis zum Tot, wenn auch in unterschiedlicher Höhe. Wer es bekommt, der kriegt es auch nicht mehr weggenommen, nur weil er beispielsweise straffällig geworden ist, nicht arbeiten kann oder Privatinsolvenz anmelden musste.

Bei diesem Punkt sieht auch Wagner ein Problem beim Sozialstaat. Sein Vorschlag: „Ein Kompromiss zwischen Grundeinkommen und Sozialstaat ist mit der Frage der Sanktionierung verbunden. Entschärft man Sanktionen für Menschen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, geht das in Richtung Grundeinkommen“.

Ist das Bedingungslose Grundeinkommen gerecht?

Bei der Frage, wie gerecht das Bedingungslose Grundeinkommen ist, gehen die Meinungen auseinander. Prainsack betont: „Das Bedingungslose Grundeinkommen wäre für die Frauen als Gruppe mehr gut als schlecht. Frauen sind mehr armutsgefährdet und armutsbetroffen. Das Problem der Altersarmut bei Frauen wäre mit einem Schlag weg.“ Wagner glaubt hingegen, dass es die bestehenden Strukturen verfestigen würde, weil Frauen (und es sind meist Frauen) damit Care-Arbeit vergütet statt abgenommen werden würde.

Die Geschichte ist Teil der aktuellen Ausgabe von Arbeit und Wirtschaft. Dazu gehört auch mein Beitrag, der den deutschen und den Österreichischen Sozialstaat vergleicht. Wem all das zu ernst ist, der liest sich meine Reportage über den Hamburger Hafen durch.

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