Für Russland reicht’s

Ein Geely Emgrand der Polizei in Minsk/Weißrussland.

Der russische Automarkt ist eingebrochen. Chinesische Automarken, die auf ihrem Heimatmarkt den Anschluss verlieren, wollen jetzt Marktanteile gewinnen.

  • Russischer Automarkt ist eingebrochen.
  • Chinesische Hersteller wollen profitieren.
  • Eine Geschichte für Table Media.

Es ist noch gar nicht so lange her, da galt Russland als der Automarkt der Zukunft. Im Jahr 2013 verkauften die Hersteller dort 2,8 Millionen Pkw. Die Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) ließ sich damals zu der Prognose hinreisen, dass im Jahr 2020 Russland der größte Automarkt Europas sein könnte. Anfang des Jahres 2023 ist klar: Es ist ganz anders gekommen. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hat auch ihren Automarkt einbrechen lassen. Davon wollen jetzt auch und vor allem chinesische Hersteller profitieren.

Chinesische Hersteller drängen nach Russland

Chinas Automarkt ist geprägt vom Wandel hin zur Elektromobilität. Der Markt der New Energy Vehicles (NEV) boomt, während die Absätze klassischer Verbrenner bestenfalls stagnieren. Davon profitieren viele chinesische Hersteller. So stieg BYD zum größten Produzenten von NEV auf, obwohl die Marke sich bislang auf ihren chinesischen Heimatmarkt konzentriert hat. Erst jetzt kommen langsam nennenswerte Exportzahlen hinzu. Doch es gibt auch Hersteller, die mit dieser Umstellung massive Probleme haben.

Für sie scheint der russische Markt eine Möglichkeit zu sein, ihre Produktionskapazitäten hochzuhalten. Chinesische Hersteller konnten ihren Marktanteil in Russland im Jahr 2022 auf 25 Prozent ausbauen. Das liegt in erster Linie daran, dass es deutlich weniger Konkurrenz gibt. Viele westliche Hersteller haben sich vollständig zurückgezogen. Russische Hersteller haben parallel aber Schwierigkeiten, Teile zu bekommen – die Sanktionen haben die Produktion torpediert.

Chinesische Hersteller haben damit in Russland weniger Probleme. Chery konnte seine Produktionsmenge sogar um vier Prozent steigern. Geely und Haval bauten zwar 14 Prozent weniger, profitierten aber davon, dass andere Hersteller zwischen 60 und 90 Prozent einbrachen. Dazu kommt, dass viele der Autobauer aus der Volksrepublik schon seit Jahren in Russland investieren.

Überkapazitäten auf dem chinesischen Markt

Dass sich chinesische Hersteller verstärkt auf den Export konzentrieren, kommt dabei nicht überraschend. Der heimische Markt stagniert. Zwar ist China der größte Automarkt der Welt, die Rekordzahl aus dem Jahr 2017 (28,9 Millionen Fahrzeuge) konnte aber nie wieder erreicht werden. Dadurch haben viele Hersteller mit Überkapazitäten zu kämpfen. Entsprechend offensiv suchen sie nach neuen Absatzmärkten.

Russlands Krieg gegen die Ukraine spielt derweil keine Rolle in den Überlegungen. „Die Kommunistische Partei sieht sicherlich mit Wohlwollen, dass die Autoindustrie der russischen Wirtschaft helfen kann. Aber ich glaube nicht, dass das großstaatlich gesteuert ist. Diese Entwicklung wird vom Markt getrieben“, erklärte mir Gregor Sebastian, Analyst beim Mercator Institute for China Studies (Merics), für die Geschichte. Der russische Automarkt sei schlichtweg zu klein, um bei einer gesamtwirtschaftlichen Überlegung Chinas eine Rolle zu spielen.

Automobilwirtschaft in China

Dass jetzt selbst chinesische Hersteller auf ihrem eigenen Markt Probleme kriegen, zeigt, wie komplex die Automobilwirtschaft in der Volksrepublik ist. Für viele deutsche Hersteller ist er zur Falle geworden. Auch die Taktik mancher chinesischer Hersteller, mehr auf Marktanteile und weniger auf Profite zu setzen, scheint sich langfristig ausgezahlt zu haben. Erfolg für die Europa-Pläne der Marken ist damit aber längst nicht garantieren.

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