Der jüngste Pflegeskandal bei SeneCura macht deutlich, wie private Investoren unsere Daseinsvorsorge gefährden. Auf der Suche nach Profiten geraten die Bereiche Wohnen und Gesundheit zunehmend in den Fokus.
- Kritische Infrastruktur bedeutet Daseinsvorsorge für alle.
- Private Investoren gefährden den Sozialstaat.
- Eine Geschichte für Arbeit&Wirtschaft.
Im Pflegeheim Salzburg-Lehen der SeneCura-Gruppe haben jetzt die Angestellten das Ruder übernommen. Nachdem dort ein Pflegeskandal bekannt geworden war, wehrten sich die Beschäftigten. Ein neuer Betriebsrat wird gewählt, die Heimleitung war gezwungen, die Zahl der Patient:innen zu reduzieren und damit niemand kündigt, musste sie die Arbeitsbedingungen verbessern. Alles überfällig Schritte. Denn im Bereich der kritischen Infrastruktur fallen Profite nicht vom Himmel. Auch Investoren müssen sie erst einmal erwirtschaften. Das passiert meist auf dem Rücken der Angestellten oder Kunden.
Investoren gefährden kritische Infrastruktur
Leonhard Plank ist Senior Scientist an der TU Wien und erklärt, was kritische Infrastruktur überhaupt ist. „Kritische Infrastruktur sind Wirtschaftsbereiche, die für das Funktionieren einer Gesellschaft von zentraler Bedeutung sind. Deren Ausfall würde die Funktionsweise und Stabilität unserer Gesellschaften gefährden.“ Er konzentriert sich in seiner neuen Studie vor allem auf die Bereiche Wohnen, Pflege und Gesundheit. Zentrale Bereiche eines modernen Sozialstaats.

Doch im Rahmen der Finanzkrise im Jahr 2008 reduzierten viele Staaten ihre Ausgaben in diesem Bereich. Investoren stießen in die entstandenen Finanzierungslücken. Damals herrschte der Glauben, dass private Investoren ohnehin besser wirtschaften können. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass dies nicht der Fall ist. Denn auch Regierungen machen nicht absichtlich Verlust. Gesundheit und Pflege sind eben sehr personalintensiv, während Wohnungsbau sehr zielgerichtet sein muss. „Diese zentralen Bereiche müssen primär Stabilität und Versorgungssicherheit garantieren, sonst entstehen massive volkswirtschaftliche Kosten. Vor diesem Hintergrund ist die Frage, ob sie betriebswirtschaftliche Gewinne abliefern, nachrangig“, erklärt Plank.
Steueroptimierung statt besserem Management
Eine andere Möglichkeit für private Investoren Gewinne zu erwirtschaften, ist steueroptimiertes Arbeiten. Plank führt als Beispiel den Pflegekonzern Orpea an, zu dem auch die erwähnte SeneCura-Gruppe gehört. Sie betriebt jedes dritte private Pflegebett in Österreich. Immer wieder kam es zu Skandalen rund um Orpea – zu pflegende Personen bekamen zu wenig zu essen, die Hygiene ließ zu wünschen übrig und nebenbei hat der Konzern insgesamt fünfzig verschiedene Gesellschaften in Luxemburg gemeldet, um die Steuerlast zu minimieren.
„Gewinne werden privatisiert und Kosten sozialisiert und auf die Allgemeinheit abgewälzt“, fasst Plank zusammen. Das ist in auch in den Bereichen Gesundheit und Wohnen so. Oft steigen Investoren ein und schöpfen über Jahre hinweg die Gewinne ab. Sobald größere Investitionen anstehen, verlassen sie das Projekt und lassen den Staat – und damit den Steuerzahler – auf den Kosten sitzen.
Kritische Infrastruktur schützen
Plank sieht die Lösung vor allem auf EU-Ebene. So könnte der kritischen Infrastruktur eine Sonderrolle eingeräumt werden. So sei die Freiheit des EU-Binnenmarktes zwar ein hohes Gut, doch könnte die Regierung Bereichen wie Wohnen, Pflege und Gesundheit aufwerten, um sie zu schützen. Beispielsweise durch soziale und ökologische Standards und strenge Transparenzregelungen. Die vollständige Geschichte „Pflegeskandal in Salzburg: So gefährden Investoren Infrastruktur“ auf Arbeit&Wirtschaft.
Steuertricks sind längst als großes Problem für den Sozialstaat innerhalb der EU ausgemacht. Doch noch passiert überraschend wenig. Dabei sind Investitionen dringend nötig. Beispielsweise, um das Bildungssystem etwas gerechter zu machen. Zwar sind die Probleme in diesen zentralen Bereichen in vielen Ländern gleich, doch gibt es zwischen den Sozialstaaten Deutschland und Österreich wichtige Unterschiede.
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