Profit, Panik, Preistreiberei

Mais vor einem Chart der Börse. Symbolbild für Lebensmittelspekulationen.

Die Preise für Lebensmittel steigen nicht nur so stark, weil Öl und Gas teurer werden. Oder weil Russlands Krieg in der Ukraine die Ernte bedroht. Vielmehr nutzen Spekulanten die Krisen, um Profite zu machen.

  • Lebensmittelspekulationen lassen Preise steigen.
  • Kaum physische Gründe für enorme Inflation.
  • Eine Geschichte für Arbeit&Wirtschaft.

Spekulationen mit Lebensmittel waren der Haupttreiber für die enorme Preisexplosion, die im Jahr 2008 ein globales Hungerjahr verursacht hat. Das ist keine bloße Theorie, das ist das Ergebnis eines Berichts der Weltbank zu dieser Krise. Viele ärmere Länder des Südens konnten sich keine Grundnahrungsmittel mehr leisten. Währenddessen warb die Deutsche Bank auf einer Brötchen-Tüte mit dem Slogan „Freuen Sie sich über steigende Preise“. Damit wollte das Finanzinstitut auf die Möglichkeit hinweisen, bei ihnen auf steigende Lebensmittelpreise wetten zu können.

Spekulationen sind schuld an steigenden Lebensmittelpreisen

Jetzt wiederholt sich das Szenario. Alles begann damit, dass es im Jahr 2022 zu einer Reihe Gründe kam, warum die Lebensmittelpreise stiegen. Aufgrund des Einmarsch Russlands in der Ukraine verteuerten sich Öl und Gas. Gleichzeitig hatte Corona die Lieferketten unterbrochen, was auch Lebensmittel, Erntemaschinen, Weiterverarbeitung und Verpackungen betraf. Düngemittel verteuerte sich, Wetterextreme bedrohten die Ernte. Von 287 Euro pro Tonne kletterte der Preis für Weizen auf bis zu 438,25 Euro pro Tonne.

Doch hinter der Preissteigerung stecken eben nicht nur physische Gründe. Hinter den Preisen für Lebensmittel stecken jede Menge Zukunftsängste, die oft wenig mit dem tatsächlichen Produkt zu tun haben. Politische Begebenheiten werden durch den Finanzinstrumente, die auf Lebensmittelpreise wetten, verstärkt. Denn mittlerweile ist der Weizenpreis trotz anhaltender Gefechte und ohne Aussicht auf ein Ende des Konflikts wieder auf dem Vorkriegs-Niveau.

Kein Wunder. Denn mit Beginn des Krieges freuten sich allein die zwei größten Agrarfonds über einen Zuwachs von 1,2 Milliarden Dollar. Das ist sechsmal so viel, wie im ganzen Jahr 2021. Doch so schnell das Geld kam, so schnell floss es wieder ab, als die FED die Leitzinsen erhöhte und sich für Investoren neue Anlagemöglichkeiten boten.

Warum wird mit Lebensmittel an der Börse gehandelt?

Mit Lebensmitteln wird bereits seit dem 19. Jahrhundert an speziellen Börsen gehandelt. Ursprünglich ging es darum, die Landwirte abzusichern. „Wenn man nicht weiß, wie sich das Wetter entwickelt, kann man an der Börse sagen, man verkauft es in drei Monaten zu einem bestimmten Preis“, erläutert Miriam Frauenlob im Interview. Sie arbeitet am Institut für Wirtschaftsgeschichte. Doch in den 1980er Jahren entwickelten sich rund um Lebensmittel neue Finanzinstrumente.

Jetzt gibt es Derivat-Märkte, bei denen das Produkte nichts mehr mit der Ernte zu tun. Da der Zugang dazu außerdem sehr leicht ist, handeln damit Menschen, die nicht die geringste Ahnung von Landwirtschaft haben, sondern sich eben von Emotionen treiben lassen. Zwischen dem Jahr 2003 und dem Hungerjahr 2008 stiegen die Investitionen in Rohstofffonds von 13 Milliarden Dollar auf 317 Milliarden Dollar.

Wer profitiert von Lebensmittelspekulationen?

Fünf Firmen profitieren von den Lebensmittelbörsen besonders. Zunächst die sogenannte ABCD-Group. Dahinter stecken vier große Ankäufer von Agrarrohstoffen: Archer Daniels Midland, Bunge, Cargill und der Louis Dreyfus Company. Ihnen gehören etwa 70 Prozent des Marktes. In den vergangenen Jahren hat sich außerdem Cofco etabliert – ein Getreidehändler aus China. Wie sie genau Profite erwirtschaften, beschreibe ich in der Geschichte „Mit Essen spielt man nicht“ (keine Paywall).

Dass die Lebensmittelpreise so stark anstiegen hat auch politische Gründe. Zum einen fehlt es an Regularien für die Börse, zum anderen dürfen Länder schlichtweg keine „handelsverzerrenden interne Stützen“ vergeben. Staaten dürfen Lebensmittel also nur lagern, um die Versorgungssicherheit zu garantierten – nicht, um deren Preise zu stabilisieren. Und selbst in der Teuerungskrise fehlte es an nachhaltigen Maßnahmen – zumindest in Deutschland und Österreich. In Spanien sah das anders aus.

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